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Kapitel 5: Hagrid und die Vampiranias

In den Tümpeln, die durch etwa 50 Zentimeter hohe Maschendraht- Zäune gesichert waren, hüpften "Fische" herum. Ja, man muß "hüpften" sagen, denn alle paar Sekunden erschien einer auf der Oberfläche, verharrte dort kurz und tauchte dann wieder unter. Das alleine wäre ja noch nicht weiter bemerkenswert. Es war das Aussehen dieser schuppigen Tierchen. Auf dem Rücken trugen sie eine lange Reihe spitzer Borsten und aus ihrem Maul ragten lange spitze Eckzähne, die eindeutig an einen Vampir erinnerten. Dabei stießen sie, jedesmal wenn sie auftauchten, kurze helle gruselige Schreie aus. Ich stockte mitten im Gehen und auch Roxana hielt an und zog die Stirn in Falten.
"Vampiranias auf dem Schulgelände?" murmelte sie ungläubig. Ich kam nicht dazu, mich weiter zu wundern, denn in diesem Moment öffnete sich knarrend die Tür der Hütte.
Heraus kam ein Bär von einem Mann, was red' ich - ein Büffel von einem Riesen! Lange struppige Haare und Bart. Den als großen Bruder haben - und dir kann nichts mehr passieren! Als er uns erblickte, kam er mit einem strahlenden Lachen auf uns zu.
"Hi - ihr habt wohl meine neuen Tierchen entdeckt!" grölte er so laut, daß ich an meine heftigste Disco-Zeit erinnert wurde. Dabei nickte er mit dem Kopf zu den Tümpeln hin und begrüßte Roxana, die mich als Freund von Harry und Ron vorstellte. Das hätte sie besser nicht tun sollen, denn das schien den Riesen derart zu erfreuen, daß er mir einen brüderlichen Schlag auf die Schultern gab, der mich in die Knie zwang: "Harrys Freunde sind auch meine Freunde!" grölte er in einem breiten schottischen Akzent, dem ich nur mühsam folgen konnte. Vielleicht hatte ich aber auch Mühe mit dem Verstehen, weil ich mich erstmal aufrappeln mußte. Roxana streckte mir mitfühlend ihre Hand hin (meine Güte: was für ein zartes Händchen sie hatte) und sah den Kerl strafend an: "Hagrid - spare Deine Kräfte für die Bändigung der Vampiranias auf!" Hagrid war sofort zutiefst betrübt und drängte uns in seine Hütte zu einem "Tässchen Tee", wie er meinte. Das "Tässchen" wurde in Bechern gereicht, die die Ausmaße bayerischer Bierkrüge hatten. Nun ja, ich hatte ihm verziehen und genoß diese typische englische Gastfreundschaft. Als er uns tellergroße Nußplätzchen anbot, warf Roxana mir aus unerfindlichen Gründen einen warnenden Blick zu. Oder war der Blick romantischer Natur? Nein, nach dem ersten Bissen verstand ich: er hätte mich fast einen Schneidezahn gekostet. Ich legte das Plätzchen dezent neben meinen Becher und überlegte, ob der Koch statt Mehl Zement genommen hatte.. Inzwischen plapperte Hagrid munter drauf los:
"Yep, meine Vampiranias - nette Kerlchen, was?" Roxana fragte: "Was um Himmels willen willst du mit diesen gefährlichen Biestern anstellen?"
"Ist für die oberen Klassen. Die hatten doch bisher nur 'Pflege magischer Tiere'. Dieses Jahr kommt 'Umerziehung magischer Tiere' dran. Die Schüler sollen lernen, wie man Vampiranias das Blutsaugen abgewöhnt."
"Blutsaugen", das sagte er so ganz nebenbei, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt. Mich schüttelte es innerlich.
"Ach?" Roxana schien äußerst erstaunt. "Das ist möglich?"
Hagrid wirkte verlegen und schaute auf einige Pflaster an seinen übergroßen Pranken. "Hm, nun, äh, es ist mehr ein Experiment. Ich denke da an Umgewöhnung auf Orangensaft oder Blutorangensaft."
"Wenn dir das mal gelingt", murmelte Roxana zweifelnd. Hagrid wechselte schnell das Thema und fragte mich, ob es in Deutschland Drachen geben würde. Logo, meinte ich, ein Freund von mir sei ein großer Drachenflieger, der bei gutem Wind enorme Stecken zurücklegen würde. Beide sahen sehr erstaunt aus und Hagrid fragte rasch: "Wie? Sie dürfen in Deutschland ganz offen mit Drachen fliegen? Das ist dort nicht verboten?" "Unsinn", erwiderte ich, "jeder fliegt halt auf eigenes Risiko."
Hagrid klopfte sich auf die Schenkel, so daß der Boden erzitterte. "Tolles Land", meinte er dann, "muß ich unbedingt mal in Urlaub hinfahren!" Wir unterhielten uns noch eine Weile und zwischendurch ließ ich unauffällig das Nußplätzchen in der Tasche meines Umhangs verschwinden.
Hagrid hatte zu tun und Roxana und ich beschlossen, noch ein wenig den Sonnenuntergang zu genießen, während wir einen Spaziergang am Seeufer entlang machten. Roxana war sehr schweigsam und ich fragte sie, was los sei.
"Nun", sagte sie zögernd, "in Deutschland scheint man - nach allem, was ich gerade so von Ihnen gehört habe - sehr frei mit Muggeltechnik umzugehen. Sie scheinen da auch ziemlich viel zu wissen. Ich hatte eigentlich nur die Grundbegriffe in 'Muggelkunde' und verstehe nur ganz wenig von deren Welt." Ich sagte ihr, das sei weiter nicht schlimm, ich hätte dafür immer in "Magischen Sprachen" eine Fünf gehabt. Das brachte sie zum Lachen - und was für ein herrliches glockenhelles Lachen hatte sie!
Inzwischen ging die Sonne unter und wir machten uns auf den Rückweg am Waldrand entlang. Ich wäre ja lieber ein Stück in den Wald hineingegangen, aber Roxana meinte, das sei verboten. Wahrscheinlich sollten da irgendwelche Biotope oder Naturgärten geschützt werde, dachte ich mir.
Plötzlich nahm ich in der Dämmerung einen Schatten zwischen den Bäumen wahr. Die Gestalt hatte verschwommene Formen und sah aus, als ob sie eine Mönchskutte mit Kapuze tragen würde. Es konnte nichts Schaden, Roxana etwas zu imponieren und den Beschützer zu spielen. Also rief ich ein lautes männliches "Halt! Wer da?" in den Wald - doch dem Schatten schien meine ausgesprochen männliche Stimme nicht im Geringsten zu imponieren. Er schwebte weiter zwischen den Bäumen durch. Einer spontanen Eingebung folgend zog ich das angebissene große und harte Nußplätzchen aus der Tasche und warf die Scheibe dorthin, wo ich seine Beine vermutete. Schließlich war ich mal Frisbee-Meister von Oberhausen-Mitte! Doch die Scheibe flog durch die Gestalt hindurch, als wäre sie überhaupt nicht vorhanden, und zerstob in tausend Brösel an einem Baumstamm. Eine Sekunde später löste sich die Gestalt in Luft auf!
Ich gebe zu, ich werde in diesem Augenblick wirklich nicht sehr intelligent mit meinem offenen Mund ausgeschaut haben. Roxana schien es ähnlich zu gehen. Sie sagte: "Wahnsinn! Das habe ich ja noch nie gesehen!"
"Ich auch nicht", murmelte ich und konnte den Blick noch immer nicht von der Stelle wenden.
"Und noch dazu ohne Zauberstab und Zauberspruch!"
Verwirrt schaute ich Roxana an.
"Na", meinte sie, "wie Sie das Plätzchen zum Fliegen brachten! Das müssen Sie mir unbedingt verraten!"
"Ja, ähm, gerne ...", stammelte ich, "aber haben Sie nicht diesen Schatten gesehen?"
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung: "Ach der - im Wald tummeln sich alle möglichen Moor- und Nebelgeister. Das ist doch nichts Besonderes."
Ah! Eine Nebelgestalt in Mönchskutte, die plötzlich verschwand, war also nichts "Besonderes". Aber eine einfache Frisbeescheibe brachte sie zum Staunen?! Schade, daß ich mein Ping-Pong-Spiel nicht eingepackt hatte - vielleicht würde ich es hier noch zum "Professor für außergewöhnliche Sportarten" bringen. Was für eine Schule!

Jedenfalls hatte ich jetzt einen Stein im Brett bei Roxana, was mir nicht unlieb war. Zugleich knurrte mein Magen, so daß es mir nicht unlieb war, daß wir nun zurück zum Schloß in Richtung Speisesaal gingen.
Die Tische waren diesmal bereits gedeckt; Harry Potter und seine Freunde hatten mir einen Platz freigehalten - Roxana mußte leider zum Tisch für die Lehrer. Schnell drückte ich ihr noch meine Visitenkarte in die Hand und wies hoffnungsvoll darauf hin, daß ich unter meiner Handy-Nummer immer zu erreichen sei. Sie meinte noch kurz, daß sie sich unter "Handy" zwar nichts vorstellen könnte, aber wenn ich einen Kamin in meiner Wohnung hätte, würde sie mich gerne mal besuchen. Damit entschwand sie.

Während ich beim gedünsteten Gemüse tüchtig zulangte (offensichtlich hatte die Küche mitbekommen, daß ich Vegetarier war), erzählten mir Harry und die anderen von ihrem Gespräch bei Dumbledore. Dieser hatte die Beschreibung der Phönix-Erscheinung mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, sah aber momentan noch keinen Grund zum Handeln. Laut Dumbledore bestand das "Zeichen des Phönix" aus insgesamt drei Erscheinungen, die auf die Ankunft des Ordens vorbereiten würden. Wir sollten bis zum nächsten Zeichen abwarten.
Zwischendrin fragte ich Hermine, was es mit den Kaminen auf sich hätte. Sie schaute mich von oben herab an und meinte: "Also entweder haben Sie ganz schön lange in der Muggelwelt gelebt oder in Deutschland ist alles anders. Man reist doch von Kamin zu Kamin, wenn man jemand anderen besuchen will, indem man etwas Flohpuder ins Feuer streut. Wußte Sie das wirklich nicht?"
Mir war mein Nichtwissen peinlich, noch dazu, da Ron und Harry mich verwundert anschauten. Schnell erklärte ich: "Ach so! Hier in England wird noch die alte Flohpuder-Kamin-Schiene gefahren."
"Wieso?" fragte Hermine. "Ist das bei Ihnen in Deutschland anders?"
"Logo", sagte ich nun auftrumpfend. "Wir benutzen schon lange die Wasserleitungen. Natürlich nicht mit Flohpuder, sondern mit Katzenstreu!" Die Jungs schienen sich damit zufrieden zu geben, aber Hermine notierte sich auf eine Serviette "Wasserleitung nachschlagen". Sie schien weiterhin mißtrauisch zu sein. Dieses Mädel mußte ich im Auge behalten.
Während des Essens traf mich einige Male der stechende Blick dieses Unsympathen Snape. Kurz überlegte ich, ob sich die Maisküchlein auch als Frisbeescheibe eignen können, ließ aber dann doch von dem Gedanken ab. In diesem Moment erhob sich ohnehin der Schulleiter, wohl um eine Rede zu halten.

Weiter zu Kapitel 6

 

Kap. 1
Die erste Begegnung mit Hogwarts

Kap. 2
Ein total verrückter Unterricht
(Teil A, Teil B)

Kap. 3
Das Zeichen des Phönix

Kap. 4
Roxana und Senfbohnen

Kap. 5
Hagrid und die Vampiranias

Kap. 6
Die magische Lichtsäule

Kap. 7
Unterricht in Zaubertränken

Kap. 8
Ein Socken auf dem Teller

Kap. 9
Quidditch -
Ein Besen dreht durch