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Kapitel 2: Ein total verrückter Unterricht (Teil B)
Es stand "Wahrsagen" auf dem Stundenplan bei einer gewissen
Madame Trelawney. Ergeben stieg ich hinter den anderen wieder eine Turmtreppe
hoch (ein Lift wäre jetzt eine feine Sache gewesen) und mußte
gelegentlich eine Stufe überspringen - warum auch immer. Einige Bilder
hingen an den Wänden. Sehr schön hatten sie da die optischen
Täuschungen hingekriegt - es sah aus, als ob sich die Figuren bewegten.
Offensichtlich Hologramme, also Fotoaufnahmen auf unterschiedlicher Spektralbasis.
Etwas außer Puste setzten wir uns oben in den stickigen Klassenraum.
Madame Trelawney war vorhin nicht in der Runde beim Schulleiter dabeigewesen
und hatte nur von den Schülern die Information bekommen, daß
ich Gast aus einer ausländischen Schule sei.
Sie zeichnete einige Tiersymbole an die Tafel und sah dann Harry mit durchdringendem
Blick an, der sichtlich nervös war. Ron flüsterte mir zu: "Sie
sagt Harry ständig voraus, daß ihm ein großes Unglück
passieren würde. So ein-, zweimal ist das ja noch okay - aber auf
die Dauer macht einen das fertig."
Ich nickte verständnisvoll, denn ich hatte mal eine Freundin, die
mich auch täglich mit Astrologie-Kram überhäufte. Nun,
die Freundschaft hat nicht lange bestanden - aber das tut hier nichts
zur Sache. Jedenfalls tat mir Harry leid, der wohl gerade irgendein Symbol
falsch gedeutet hatte und dem angedroht wurde, besonders viele Hausaufgaben
machen zu müssen. Spontan erhob ich mich und ging auf die Wahrsagerin
zu: "Liebste Madame Trelawney", säuselte ich in meinem
schönsten Englisch, "das ist ja ganz und gar erstaunlich!"
Verwirrt folgte sie meinem Blick. Ich hatte gesehen, daß sie an
die linke Tafelhälfte als Beispiel ihr eigenes Horoskop gezeichnet
hatte. Ich ging näher zur Tafel und deutete auf den Saturn. "Das
ist doch Ihr eigenes Horoskop von heute, Madame Trelawney, oder?"
fragte ich sie. Sie nickte und sah mich fragend an. Nachdenklich wiegte
ich den Kopf hin und her und pfiff durch die Zähne, während
ich auf den Saturn in ihrer Zeichnung zeigt. "Saturn im 7. Hause
- dazu Aszendent Jupiter - wie schrecklich!" Sie korrigierte mich:
"Mr, äh ..." "Herbert", half ich ihr aus. "Mr.
Herbert, Saturn ist hier im 6. Haus." "Ja", sagte ich,
"nach der alten Zählung!" Flink ergriff ich die Kreide
und zog ein paar zusätzliche Verbindungslinien. "Sehen Sie die
Verbindung zwischen der Schloßstraße und der Parkallee?!"
Sie sah sie nicht, wollte das vor den Schülern aber nicht zugeben.
Also nickte sie nur. Ich fuhr fort: "Im Vertrauen, Madame Trelawney,
sie müssen heute ja einen ganz schrecklichen Tag haben! Merken Sie
einen leichten Druck im Kopf?" Bei diesen Worten sah ich sie durchdringend
an. Jeder, der so angestarrt wird, fühlt sich unwohl. Also nickte
sie. "Und sind Sie nicht heute schon den ganzen Tag voller Unruhe?"
Jetzt, wo ich es sagte, fiel es ihr auf. Sie erbleichte langsam und flüsterte:
"Fahren Sie fort, Mr. Herbert." Ermutigt durch ihre Worte zeichnete
ich noch einige Linien und Figuren (den große Bären fand ich
besonders gelungen) und sprach weiter: "Es ist sonnenklar. Völlig
sonnenklar! Heute beginnt bei Ihnen die Dekade der Tristess - eine außergewöhnlich
bedrohliche Dekade! Wenn Sie nicht in den nächsten 14 Tagen bestimmte
Dinge tun, kann es sein ..." Hier machte ich eine Kunstpause und
die Wahrsagerin war inzwischen derart erschüttert, daß sie
sich setzen mußte. "... kann es sein, daß Sie den Winter
nicht mehr erleben werden!"
Es war für einige Sekunden völlig still im Raum. Madame Trelawney
stöhnte leise und sah mich flehentlich an: "Mr. Herbert, sagen
Sie mir, was kann ich tun?" Schwer legte ich ihr eine Hand auf die
Schulter: "Oberstes Gebot ist jetzt völlige Ruhe und Meditation.
Nur so werden Sie sich den Kräften des Bösen erwehren können!
Nicht wahr, sie haben in den letzten Wochen zuviel gearbeitet?" Jeder
glaubt, daß er zuviel arbeitet. Nicht anders bei ihr - sie fühlte
sich völlig von mir verstanden und nickte. "Also, hören
Sie gut zu: Erstens, sie brechen sofort, auf der Stelle, den Unterricht
ab!" "Auf der Stelle ...", flüsterte sie ergeben.
"Zweitens: Die nächsten zwei Wochen dürfen Sie keinesfalls
- ich wiederhole: keinesfalls! - weiteren Unterricht geben!" "Keinesfalls
... aber, aber die Schüler ....", wollte sie aufbegehren. "Ihre
Schüler", sagte ich mit erhobener Stimme, "müssen
alle ihre positiven Geisteskräfte auf den Verlauf Ihres Schicksals,
Madame Trelawney, konzentrieren. Dazu brauchen sie Zeit. Nur in dieser
geschlossenen Meditation wird es gelingen, das unsagbar Böse, das
Ihnen droht, abzuwenden." Sie stammelte: "Aber, Mr. Herber,
aber ... was ist dieses unsagbar Böse?" Ich ging mit meinem
Mund ganz nahe an ihr Ohr und flüsterte, so daß nur sie es
hören konnte: "Madame Trelawney, wenn ich das unsagbar Böse
hier und jetzt erwähnen würde, könnte es sein, daß
wir alle nicht mehr lebendig aus diesem Zimmer kommen!"
Nun war sie völlig fertig, ein klein wenig tat sie mir sogar leid.
Aber wirklich nur ein klein wenig. Mühsam erhob sie sich, sah mit
einem leiderfüllten Gesichtsausdruck die Klasse an und sagte mit
bebender Stimme: "Sie haben es alle gehört. Wir müssen
jetzt den Unterricht beenden und treffen uns erst in drei Wochen wieder.
Bitte, meditieren Sie für mich - damit das unsagbar Böse",
bei diesen Worten holte sie tief Luft, "nicht geschieht!"
Zögernd erhob sich die Klasse. Einige Schülerinnen machten wirklich
betretene Mienen, sogar Harry und Ron - obwohl, bei ihnen kam es mir irgendwie
nicht ganz echt vor. In der Tat, auf der Treppe erheiterten sich ihre
Mienen sichtlich. Ron sah mich dankbar an und meinte leise: "Das
war großartig! Ich hoffe, Sie bleiben recht lange hier." Ich
sagte nichts, denn ich hatte keineswegs vor, länger als unbedingt
nötig an dieser verrückten Schule zu bleiben.
Harry fragte: "Kommen Sie mit auf das Quidditch-Feld? Wir trainieren
dort jetzt." Hm, offensichtlich handelte es sich um Sport-Unterricht.
"Warum nicht?" gab ich gut gelaunt zur Antwort. Ron fragte mich:
"Sie sind doch schwindelfrei, oder?" Meine gute Laune schwand
- was hatten die denn jetzt schon wieder vor? Sollten wir uns etwa mit
Besen durch die Lüfte schwingen? Ich lächelte in mich hinein
bei diesem Bild - derart verrückt konnte sogar diese Schule nicht
sein ...
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Kap. 1
Die erste Begegnung mit Hogwarts
Kap. 2
Ein total verrückter Unterricht
(Teil A, Teil B)
Kap. 3
Das Zeichen des Phönix
Kap. 4
Roxana und Senfbohnen
Kap. 5
Hagrid und die Vampiranias
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