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Kapitel 6: Die magische Lichtsäule
Als Dumbledore stand, wurde es im Saal rasch ruhig. Er schaute sich im
Kreis um und sagte dann: "Liebe Kollegen und Kolleginnen, liebe Schüler
von Hogwarts. Ich bin kein Freund vieler Worte und will es kurz machen."
Er räusperte sich und setzte sich wieder. Alle schauten sich ratlos
an. Jene Lehrerin, die wohl McGonagall hieß, flüsterte ihm
etwas ins Ohr. Daraufhin stand er nochmals auf und fuhr fort: "Tja,
ähm, gut, das war vielleicht doch etwas zu kurz. Was ich Ihnen sagen
wollte: Heute ist das erste Zeichen des Orden des Phönix erschienen."
Er machte eine Pause, weil aufgeregtes Gemurmel unter den Schülern
herrschte. Einige wandten sich mit Fragen an ihre Tischnachbarn, andere
schienen Bescheid zu wissen. Der Schulleiter fuhr fort: "Jeder von
Ihnen weiß wahrscheinlich, was es mit dem Orden des Phönix
auf sich hat, das steht ja ausführlich in, ähm, in ..."
Er stockte und ein kleines Männchen, das auch am Lehrertisch saß
und mich stark an meinen früheren Geschichtslehrer erinnerte, sagte
ihm ganz aufgeregt irgend etwas. Dumbledore fuhr fort: "Genau, es
steht ausführlich in Band 2 von Weltweite Gruppen und Ordensbezeichnungen
der Zauberei', ein ausgesprochen wichtiges Buch, das jeder von Ihnen gelesen
haben sollte, wenn ich das hier einmal anmerken darf. Jedenfalls muß
Sie das Zeichen nicht beunruhigen. Noch wissen wir nicht genau, was es
damit auf sich hat, denn es stehen noch zwei weitere Zeichen aus. Niemand
weiß, wann diese Zeichen folgen. Ich möchte Sie aber bitten,
Augen, Ohren und Nasenlöcher offen zu halten und mir alles mitzuteilen,
was Ihnen merkwürdig vorkommt."
Damit setzte er sich wieder, aber viele der Schüler schienen doch
ziemlich verwirrt zu sein und machten besorgte Gesichter. Das sah Dumbledore
und er stand kurz entschlossen nochmals auf: "Ähm, was ich noch
sagen wollte: Nächste Woche am Dienstag findet ein Quidditch-Sonderspiel
statt. Einzelheiten erfahren Sie bei den für Ihre Häuser zuständigen
Kollegen. Der Unterricht entfällt an diesem Tag." Sofort erhellten
sich die Gesichter, viele stießen Jubelrufe aus und auch Harry Potter
sprang erfreut von seinem Stuhl auf. Der Lehrer mit den fettigen Haaren
schien nicht einverstanden und wand ein: "Ich hatte aber doch für
diesen Tag die zusätzliche Doppelstunde Zaubertränke für
die 5. Klasse vorgesehen!" Dumbledore hatte sich inzwischen wieder
gesetzt und schaute den Sprecher mit nachdenklich-gerunzelter Stirn an:
"Ach, tatsächlich, Severus? Das war mir völlig entfallen.
Tut mir leid - aber verkündet ist verkündet ..." Dieser
Satz entlockte nun Ron einen Freudenschrei, er war aber gleich still,
da der stechende Blick jenes Professor Snape ihn ereilte.
Offensichtlich war das Abendessen nun auch beendet. Alle erhoben sich
und ich stand etwas unschlüssig herum. Harry bemerkte es und sprach
mich an:
"In unserem Schlafraum ist ein zusätzliches Bett für Sie
aufgestellt worden, Mr. Herbert. Wenn Ihnen das recht ist, können
Sie bei uns übernachten." Ich stimmte freudig zu. In diesem
riesigen Schloß würde ich mich sonst verlaufen, und den Gemeinschaftsraum
von Harry und seinen Freunden kannte ich immerhin schon. Merkwürdig
war nur, daß die drei schon wieder eine andere Treppen zu nehmen
schienen. Als ich Ron darauf ansprach, meinte er: "Tja, so abends
ist es meist die rechte Treppe. Manchmal auch die linke. Ganz selten die
in der Mitte. Aber sicher sind wir uns nie. Wenn Hogwarts gut drauf ist,
müssen wir manchmal erst ganz bis zum Turm hoch und dann wieder runtersteigen."
Hm, wahrscheinlich hatte irgendein durchgedrehter Architekt das Schloß
vor einigen hundert Jahren erbaut, der selbst keine Orientierung besaß.
Nun, wenn ich morgen etwas Zeit hatte, würde ich den Kids helfen
und einen Lageplan zeichnen. Jedenfalls fanden wir dann irgendwann den
Eingang mit jenem Bild einer wohlgestalteten Dame, der übliche Stimmencode
wurde abgefragt und das Bild schwenkte auf. Die Schüler entspannten
sich, einige der Spiele auf den Tischen erschienen mir auch hochinteressant
(z. B. ein Schachspiel mit beweglichen Figuren, die wahrscheinlich durch
Magnete bewegt wurden), dennoch entschloß ich mich für das
Bett, denn ich war hundemüde. Es war in der Nähe der Tür
aufgestellt worden und hatte an allen Seiten Vorhänge, wie man es
von Himmelbetten her kennt. Wirklich originell. Die Matratze war unwahrscheinlich
bequem und schon nach wenigen Minuten mußte ich tief eingeschlafen
sein ....
Irgendwann in der Nacht wurde ich wach. Etwas hatte meine Wange gestreift.
Zunächst wußte ich nicht, wo ich war, so unwirklich fiel das
Licht des Mondscheins durch das Schloßfenster in den Raum. Langsam
dämmerte es mir, daß ich mich in dieser verrückten Schule
befand. Ich wollte mich umdrehen, um weiterzuschlafen, aber irgendwas
hatte ich wohl eingeklemmt. Jedenfalls ruckelte es unter meinem Arm, ein
unterdrücktes "Oh, verflixt!" ertönte und plötzlich
sah ich zwei Jungenköpfe in der Luft schweben. Nun war ich aber sofort
hellwach und richtete mich erschrocken im Bett auf.
Die Köpfe gehörten Harry Potter und seinem Freund Ron. Langsam
wurden auch die anderen Körperteile sichtbar und zwar von oben nach
unten. Ron legte einen Finger auf den Mund und Harry flüsterte mir
zu: "Entschuldigen Sie, Mr. Herbert, wir wollten Sie nicht stören,
aber der Unsichtbarkeits-Umhang hatte sich eingeklemmt." "Ah,
ein Unsichtbarkeits-Umhang", murmelte ich. Tatsächlich lag jetzt
ein hauchdünnes Stück Stoff vor mir, das im Mondschein glänzte.
Offensichtlich irgendein Hightech-Material, das die Lichtstrahlen umlenkte.
Ich wußte, daß die Amis im Zusammenhang mit ihren Tarnkappen-Flugzeugen
schon länger etwas in dieser Richtung entwickeln wollten, daß
aber bereits Prototypen vorhanden waren, die richtig funktionierten, war
mir neu. Woher hatten die Jungs das bloß? Vielleicht war einer ihrer
Väter Ingenieur in einem geheimen Forschungslabor? Wie auch immer,
angesichts der späten Zeit fragte ich erstmal: "Wohin wollt
ihr denn jetzt noch?" "Pssst!" flüsterten beide gleichzeitig.
Harry sagte leise: "Am besten, Sie kommen erstmal mit in den Gemeinschaftsraum
unten." Rasch zog ich mir meine Jeans an, warf die Jacke um und schlüpfte
in die Schuhe. Unten erklärte mir Harry: "Ich habe eine Botschaft
erhalten." Bei diesen Worten öffnete er die rechte Hand und
auf seiner Handinnenfläche bewegte sich wild ein kleines leuchtendes
Wesen. "Das ist eine Libellen-Elfe", fuhr Harry in vollem Ernst
fort. Tatsächlich sah das Wesen wie eine kleine Fee mit Flügeln
aus, etwa daumenlang, und offensichtlich hatte es auch ein kleines Stimmchen,
denn es zirpte ganz erregt: "Wir müssen weiter! Wir müssen
weiter!" Boy, oh Boy, jetzt war ich wirklich platt. Höchstwahrscheinlich
hatten wir es hier mit Nanotechnik zu tun, ein winziger Roboter, dem die
Gestalt einer Elfe, Fee oder was-auch-immer gegeben worden war, damit
die Kinder nicht erschraken. Diese Schule wurde mir immer unheimlicher.
Ron hatte Harry inzwischen irgendwas ins Ohr geflüstert. Harry sagte
jetzt zu mir: "Shyni", so schien das Wesen zu heißen,
"ist beauftragt worden, uns in den Keller zu führen. Ron meint
zwar, daß diese Art von Elfen nur für gute Zwecke eingesetzt
werden, aber wir sind uns nicht ganz sicher. Es könnte auch sein,
daß da etwas in den Kellerräumen ist, was nicht sehr angenehm
ist. Wir könnten einen starken erwachsenen Zauberer als Begleitung
gut gebrauchen." "Ah, ja?" erwiderte ich etwas begriffsstutzig.
"Wo ist denn dieser Zauberer?" Ron sah mich erstaunt an und
sagt: "Na, Sie sind gemeint, Mr. Herbert." So, ich war also
ein Zauberer? Stimmt ja, die hatten es hier alle mit der Zauberei. Trotzdem,
in so einen alten feuchten Keller hinunterzusteigen, hatte ich eigentlich
keine Lust. Andererseits konnte die Jungs wirklich Hilfe gebrauchen, wenn
sie an Zauberei glaubten. Zwar wohl eher die Hilfe eines Psychologen,
aber es war jedenfalls gut, sie im Auge zu behalten. Also stimmte ich
zu, sie legten das Tuch nun auch über mich und führten mich
durch diverse Gänge, Flure und Treppen. Immer tiefer ging es hinab.
Manchmal waren Fackeln an den Wänden angebracht. Wenn es zu dunkel
war, zog einer sein Holzstäbchen hervor, murmelte irgendwas, das
wie "lumo" klang und zap erschien ein kleines Leuchtfeuer an
der Spitze. Netter Gag, aber die Sache mit dem Tuch und dem Mini-Roboter
fand ich irgendwie beeindruckender.
Schließlich schienen wir tatsächlich in den Kellergewölben
angelangt. Dieses Elfen-dingsbums flüsterte gelegentlich etwas, wohl
um die Richtung zu zeigen. Ab und zu waren Türen in den Wänden
eingelassen, manchmal auch Gitter, die mich an alte Verliese erinnerten.
Ich fühlte mich zusehends unwohl und wünschte mir, daß
ich mein Handy mitgenommen hätte. Das Tuch hatten wir inzwischen
abgenommen, da sich hier unten wohl niemand von den Lehrern oder Hausmeistern
herumtrieb. Plötzlich gelangten wir an eine Wand, an der der Gang
nicht mehr weiterging. Eine Tür war auch nirgends zu entdecken. Das
Wesen flüsterte Harry einige Worte zu, er und Ron zogen ihre Holzstöckchen,
schlugen dreimal gegen die Wand und sagten dazu irgendeinen Spruch auf,
den ich nicht genau verstand. Plötzlich ertönte ein Geräusch,
als würden Steine aufeinander schaben und ein Teil der Wand vor uns
verschwand langsam im Boden. Irre! Vielleicht auch irgendein Akkustikauslöser,
diese alten Schlösser hatten ja viele Geheimgänge.
Jetzt konnten wir weitergehen und gelangten in einen kleinen, kahlen
Raum, dessen Wände aus Felswänden zu bestehen schienen. Sofort,
nachdem wir eingetreten waren, schloß sich die Wand wieder hinter
uns, was mir gar nicht, ganz und gar nicht gefiel! Es war dunkel um uns
und auch die Leuchtstäbchen versagten ihren Dienst. Irgendwie war
aber ein ganz leichtes Glimmen im Raum, so daß wir zumindest die
Umrisse des jeweils anderen erkennen konnten. Wir standen da wie bestellt
und nicht abgeholt und ich überlegte, ob ich den Jungs nicht vorschlagen
sollte, von hier zu verschwinden und die Kühlschränke der Schulküche
nach Milch und Keksen zu durchstöbern.
Plötzlich konnte ich einen leisen Luftzug wahrnehmen, irgendein Säuseln
lag in der Luft. Unter unseren Füßen schien der Boden von der
Mitte des Raums aus eine andere Farbe anzunehmen und langsam durchsichtig
zu werden. Wir wichen an die Wand zurück, der Kreis in der Mitte
breitete sich weiter aus und langsam baute sich eine Lichtsäule auf.
Schließlich erreichte die Lichtsäule eine Höhe von vielleicht
drei Metern und einen Durchmesser von etwa einem Meter. In dieser Lichtsäule
bewegte sich ein Nebel, der immer bunter wurde, immer schneller wirbelte
und in dem sich langsam einzelne Umrisse abzeichneten und wieder verschwanden.
Ich muß zugeben, mir war ganz schön unheimlich zumute und es
beruhigte mich wenig, daß auch Harry und Ron mit offenen Mündern
auf die Lichtsäule schauten. Wilde Gedanken gingen mir durch den
Kopf: Vielleicht war unter dem Schloß ein Atomreaktor, der langsam
schmolz. Oder Außerirdische hatten hier vor langer Zeit ihr Ufo
gelandet. Oder ich hatte die letzten Monate zuviel gearbeitet und gehörte
in die Klapsmühle.
Die Umrisse in der Lichtsäule nahmen langsam die Form von alten Schriftzeichen
an, Runen vermutete ich, und andere Symbole. Zugleich wurde, zunächst
ganz langsam, dann immer stärker, eine Melodie hörbar, die aus
fünf oder sechs Tönen zu bestehen schien und sich immer wiederholte.
Es war eine seltsame schwermütige Melodie, die ich nie zuvor gehört
hatte. Das ging so vielleicht 20 Minuten. Langsam wurde ich ungeduldig
und kam mir ziemlich dumm vor, mitten in der Nacht irgendwo in England
in einem alten Gemäuer halbangezogen herumzustehen und Musik zu hören.
Allerdings schreckte mich gerade da eine dunkle Stimme auf, die mitten
aus der Säule zu kommen schien. In einem alten Englisch oder Schottisch,
das ich nur mühsam verstehen konnte, sagte sie dreimal hintereinander:
"Das zweite Zeichen, noch nicht erbracht,
die Lösung erreichen, jenseits der Nacht.
Eins sind Formen und Ton, du mußt sie hörend lesen,
und siehe - schon wird dir deutlich,
was der Schlüssel gewesen."
Danach sackte die Säule langsam in sich zusammen, der Boden wurde
wieder normal und die Felsentür hinter uns öffnete sich.
Ich ging erstmal ein paar Schritte in den Flur, wer weiß, ob sich
die Tür nicht wieder schloß. Die beiden Jungs kamen nach und
waren genauso verwirrt wie ich. Was sollte das alles? Ich wollte Harry
und Ron mit Fragen bestürmen, doch sie bedeuten mir, still zu sein
und erst wieder im Gemeinschaftsraum zu reden. Wir machten uns auf den
Rückweg, der mir kürzer erschien und problemlos war. Irgendwann
und irgendwo war auch das Elfen-dingsbums verschwunden. Im Gemeinschaftsraum
angekommen sahen sich Ron und Harry bedeutungsvoll an. Harry sagte zu
Ron: "Das war das zweite Zeichen." Ron erwiderte: "Schon,
aber noch nicht vollständig. Das endgültige Zeichen müssen
wir erst noch auflösen." "Wir müssen es morgen Dumbledore
sagen. Und vielleicht kann uns auch Hermine helfen", sagte Harry.
Ron nickte, dann schwiegen beide. Ich schaute von einem zum anderen und
sagte schließlich: "Also Jungs, ich weiß nun wirklich
nicht, was das Ganze sollte. Jedenfalls bin ich hundemüde und werde
mich in mein Bett verkriechen." Das schienen sie für keine schlechte
Idee zu halten und folgten mir in den Schlafraum.
Weiter zu Kapitel
7
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Kap. 1
Die erste Begegnung mit Hogwarts
Kap. 2
Ein total verrückter Unterricht
(Teil A, Teil
B)
Kap. 3
Das Zeichen des Phönix
Kap. 4
Roxana und Senfbohnen
Kap. 5
Hagrid und die Vampiranias
Kap. 6
Die magische Lichtsäule
Kap. 7
Unterricht in Zaubertränken
Kap. 8
Ein Socken auf dem Teller
Kap. 9
Quidditch -
Ein Besen dreht durch
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