Diskussionen - nichts für Weicheier!

Sie diskutieren gerne? Dann ist das Internet ideal für Sie! Zehntausende von Diskussionsforen - Newsgroups - stehen Ihnen auf Abruf zur Verfügung. Gleichgültig, ob Sie Goldhamster züchten oder sich über Strickmuster austauschen möchten: Sie werden immer aufgeschlossene Gesprächspartner finden.

Aber halt! Das Schreiben von Beiträgen will gekonnt sein, damit Sie sich auch den nötigen Respekt verschaffen. Schließlich sollen die anderen Leser auf den ersten Blick erkennen: Hier war ein wirklicher Profi am Werk. Nur so werden Sie vergnügliche Antworten erhalten.

Es gilt, einige sehr einfache Regeln zu beachten - und schon werden Sie sich durchsetzen.

 

 

Sieben Meilensteine auf dem Weg zum gelungenen Diskussionsbeitrag

1. Seien Sie spontan!

Sie sind doch wohl nicht einem Online-Dienst beigetreten, um tagelang über Inhalte zu grübeln? Die Datenautobahn erfordert freie Fahrt für freie Gedanken! Schreiben Sie spontan, was Ihnen zu einem Thema einfällt. Gut, die Diskussion mag schon einige Zeit im Gange sein, vielleicht wurde der Gedanke schon mal geäußert, eventuell meint der Schreiber etwas ganz anderes - aber ist das Ihr Problem? Ganz sicher nicht.

2. Bezüglich des Betreffs

Bereits in der Betreff-Zeile Ihrer Nachricht zeigt sich, ob Sie die Leser und Leserinnen im Griff haben. Hier entscheidet es sich, ob der Rest Ihrer Botschaft überhaupt gelesen wird. Daß Letzteres auch wirklich geschieht, dafür gibt es zwei probate Mittel. Schreiben Sie nicht „Suche Cliparts mit Umzugsmotiven“, wenn Sie Cliparts mit Umzugsmotiven suchen.

a) Schreiben Sie „Software“.
Niemand weiß nun, ob Sie suchen oder anbieten, um was es sich dreht, ob es etwas Bekanntes oder etwas Neues ist. Die Leute müssen also, ob sie wollen oder nicht, Ihre Nachricht lesen. Dann können sich die anderen ja immer noch entscheiden, ob der Gegenstand überhaupt von Interesse ist. Wichtig ist einzig und allein, daß Ihre Nachricht nicht übersprungen wurde.

b) Oder schreiben Sie „Heiße Photos von privat ...“.
Die meisten Leute in den Datennetzen sind Männer. Da können Sie sicher sein, daß Ihre Nachricht gelesen wird. Gut, wenn Sie eine besonders ehrliche Haut sind, dann beginnen Sie halt Ihren eigentlichen Text mit „... gibt es bei mir leider nicht. Dafür suche ich Cliparts ...“.

 

3. Seien Sie nicht wählerisch

Sie meinen, die Schulprobleme Ihres Kindes hätten nur etwas in CL.BILDUNG.SCHULE zu suchen? Weit gefehlt! Auch die Jungs in ALT.ANIMALS.DOLPHINS oder in FIDO.GER.GREENP sind ganz wild auf die Ergebnisse Ihrer Erziehungsmethoden. Helfen Sie ihnen, über den Tellerrand ihrer engen Interessengebiete hinauszuschauen. Seien Sie ein guter Kumpel und streuen Sie jede Ihrer Botschaften in mindestens sechs bis sieben Foren. Übrigens mit kleinen Testmails, etwa des Inhaltes „Wer das liest, der soll mir bitte schreiben“, wurde schon so manche lebenslange Freundschaft geschlossen.

Kleiner Tip am Rand: Wenn Sie mit einem Windowsprogramm arbeiten, so leistet die Zwischenablage hier unschätzbare Dienste.

 

4. Beweisen Sie Ihr Können!

Denken Sie immer daran: die anderen Diskussionsteilnehmer können Sie nicht sehen. Weder Ihre Lederjacke noch der neue Opel-Manta vor der Tür kann demonstrieren, wie Sie geistig auf der Höhe sind. Das müssen Sie schon selbst in die Hand nehmen. Hierzu drei hilfreiche Kniffe:

a) Fachbegriffe
Gut, da braucht jemand Hilfe bei seinem Computer. Er sucht eine Startoption für WinWord, mit der gleich das zuletzt bearbeitete Dokument geladen wird. Zeigen Sie ihm, was Sie draufhaben: Zunächst soll er sich mal einen guten Hexadezimaleditor zulegen (aber sagen Sie nicht, wo er den bekommen kann, es soll ja noch Stoff für weitere Diskussionen übrigbleiben). Mit ATTRIB werden  mal eben die versteckten Systemdateien sichtbar gemacht, die dann mit dem Editor prima bearbeitet werden können. Am besten auf Adresse „F0E8111“ - aber bitte nur im Heap - usw. usw.

b) Abkürzungen
Übetragungszeiten sind teuer. Sie belegen Ihre durch und durch soziale Ader mit dem üppigen Gebrauch von Abkürzungen. Sie kennen das doch: „M., 34, NR, led. s. weibl. ...“ Aber nicht so olle Kamellen wie etwa „RTFM“ („lies das verflixte Handbuch“), das versteht doch jeder. Nein, ziehen Sie sich aus der nächstgelegenen Mailbox einen Textfile mit solchen Abkürzungen. Mit Sicherheit entdecken Sie eine ganze Reihe von Buchstabenkombinationen, auf die Sie von alleine nie gekommen wären. Wenden Sie sie an! Ihr Diskussionspartner wird Sie auf Anhieb für einen alten Hasen der DFÜ-Szene halten! NKHUFAW („Nur keine Hemmungen und frisch ans Werk!“)

c) Smilies :-)
Na ja, wenn Sie nur :-) und :-( kennen, ist das ein bißchen dürftig. Aber auch hier gibt es eine Fülle von Files in den Datennetzen, die Ihnen weiterhelfen. Ihre soziale Ader haben Sie durch b) demonstriert, Ihre künstlerische stellen Sie durch intensiven Gebrauch ausgefallener Smilies unter Beweis. Wenn Sie z. B. schreiben „PC-Journalisten verfügen über ein immenses Allgemeinwissen“, so muß dem unbedingt noch ein  <):Q--<|| (= „rauchender Clown überquert Bahngleise“) folgen, und sofort weiß jeder, wie’s gemeint war.

 

5. Es gibt keine Quotenregelung

Beliebt ist das Zitieren von Nachrichten, auf die man sich bezieht. Sie sollten in der Regel nicht darauf verzichten, weil auch solche Kleinigkeiten wichtig sind. Wiederum bieten sich mehrere Möglichkeiten:

a) Alles
Es liegt auf der Hand, daß Sie, wenn Sie viel zu tun haben, hier nicht noch mühsam die wirklich wichtigen Zeilen der Ursprungsmessage aussotieren können. Wozu auch? Ihr Mailprogramm kopiert ohnehin automatisch bei „Reply“ den gesamten Inhalt in die neue Nachricht. Das lassen Sie einfach so und schreiben Ihre Antwort darunter. Fertig. Ging doch fix, oder? Und wenn Ihnen irgendjemand was von „hohen Kosten für das Mailaufkommen“ vorjammert, dann zucken Sie nur kühl die Schulter. Wer würde Ihnen denn sonst die verlorengegangene Zeit bezahlen? Also!

b) Einiges
Manchmal ist auch folgendes Vorgehen recht spaßig: Sie verfahren zunächst wie unter a). Jetzt fügen Sie aber einige Leerzeilen in das Kopierte ein und würzen die ganze Sache mit knappen aber treffenden Kommentaren. Beispiel:

>> Nach dem Start von WindowsXP stürtzt meine Textverarbeitung XY ständig ab.

Ach was?

> >Kann das an einem Konflikt mit meiner Sound-Karte liegen?

Wer weiß ...

> >Hat jemand bereits Erfahrungen damit?

Ich nicht.

c) Nichts
Gut ist auch folgendes: Sie zitieren gar nichts! Damit testen Sie die Gedächtnisleistungen des Angeschriebenen, besonders, wenn Sie einige Wochen zwischen seiner Anfrage und Ihrer Antwort verstreichen lassen. Nur die besten kommen durch und sind es wert, sich weiter mit Ihnen zu unterhalten. Wenn jemand auf Ihren Einzeiler: „Das darfst du auf keinen Fall tun!!!“ Mit einem verzweifelten „Was darf ich nicht tun?“ antwortet, dann ist er gleich durchgefallen. Er hat eine scharfe Antwort verdient, womit wir beim nächsten Thema sind:

 

 

 

 


6. Bringen Sie Stimmung in den Laden!

Das Zauberwort heißt „Flames“. Gemeint ist damit das langsame Rösten eine Gegeners über dem Höllenfeuer Ihres geistigen Einfallsreichtums. Im Büro mögen Sie als schüchterner Duckmäuser gelten. Nicht so in den Datennetzen. Nehmen Sie einen beliebigen Beitrag und pflücken Sie ihn auseinander. Schauen Sie, ob Komma- oder Tippfehler vorhanden sind („Noch nie ‘ne Tastatur von außen gesehen?“). Fragen im Computerbereich können Sie grundsätzlich mit einem hämischen RTFM (siehe oben) beantworten, auch wenn Sie selbst die Software gar nicht kennen. Und selbst bei allgemeinen Themen wird Ihnen mit einiger Übung stets etwas Passendes einfallen („Zum Abi hat’s wohl nicht gereicht?“).

Machen Sie sich keine unnötigen Sorgen wegen etwaiger Konsequenzen, wenn Sie mal etwas härter rangehen. Bei kleineren Netzen darf man oft ein Pseudonym verwenden. Und selbst im Internet können Sie z. B. über bestimmte schwedische Server anonyme Post verschicken.

Okay, okay, die meisten User mögen ja ganz liebe Kerle sein. Aber das ist doch langweilig, oder? Sie werden sehen, wie Ihr Mailaufkommen nach einigen würzigen Flames sprunghaft ansteigt. Und das ist doch der Sinn der Übung.

7. Unterschreiben Sie mit Ihren guten Namen

Ja, Sie haben richtigen gelesen: „... mit Ihren Namen“. Denn Sie werden doch wohl nicht nur eine einzige Email-Adresse haben, oder? Machen Sie sich kundig: ob GMX, web.de, AOL, T-Online, ePost oder Hotmail - jeder dieser Anbieter ist dankbar, wenn Sie bei ihm einen Mailaccount reservieren.

So, und jetzt einen Signature-File erstellt, der alle 7 Adressen zusammen mit Ihrer Bürotelefon- und faxnummer hübsch tabellarisch als Absender jeden von Ihnen geschriebenen Beitrag anhängt. Die Leute werden staunen!

Aber damit nicht genug. Schon bei den Smilies hat man erkannt, wie kreativ Du sein kannst. Hänge jetzt noch eine hübsche ASCII-Zeichnung mit Deiner Signatur und Deinem Wappen dran. Wenn Dir die Einfälle fehlen: das Newsbrett REC.ARTS.ASCII im Internet gilt als Geheimtip oder Online-Profis.

Das ganze wird abgerundet durch kleine aber feine Bonmots (im Fachjargon „Taglines“ oder „Origins“ wegen ihrer Originalität genannt), die auch viel über Sie aussagen. Wie wäre es mit: „Heute schon geduscht?“ Oder: „Hast du Maggi in der Suppe, kriegst du damit jede Puppe.“

 

Wenn Sie diese sieben Grundsätze beherzigen, werden Sie bald in allen Diskussionsforen ein gerngesehener Gast sein. Also: nur Mut!

© Herbert Hertramph

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